IV Lebensretter 4 2019 EISIGE GEFAHR Gliederungen bereiten sich vor In jedem Winter lassen sich einige Unbelehrbare nicht abhalten und testen trotz aller Warnungen selbst ob das Eis auf den Gewässern schon trägt Trägt es nicht befindet sich die Person plötzlich in akuter Lebensgefahr Unsere Gliederun gen trainieren für diesen Notfall sobald es die Wetterlage zulässt Das Vorgehen bei der Eisrettung ist in der DLRG bisher nicht bundes einheitlich geregelt aber in der Praxis hat sich längst ein Mindeststandard gebildet In der Regel werden mindestens drei Wasserretter eingesetzt wenn eine Person in das Eis einge brochen ist Ein Helfer nähert sich mit einem Rettungsgerät etwa dem Spineboard oder Eisretter ERS 1 dem Opfer Zwischen ihm und dem zweiten Helfer sowie zwischen dem Rettungsgerät und dem dritten Helfer besteht eine Leinenverbindung Der Rettungs schwimmer am Eisloch sichert das Opfer zum Beispiel mit Hilfe einer Bandschlinge und bugsiert es auf das Rettungsmittel Auf sein Zeichen erhält er Unterstützung vom dritten Helfer der das Rettungsgerät mit dem Opfer an Land zieht Beim Übungsdienst ist das gar nicht so schwer Nach tagelan gem Frost wird für die Ausbildung mit der Motorkettensäge ein Loch ins dicke Eis gesägt auf dem die Retter recht sicher stehen können Das fitte Opfer trägt aus Sicherheitsgründen einen Kälteschutz und hat deswegen ordentlich Auftrieb Im Ernstfall sind die Bedingungen schlechter Die Retter drohen spätestens an der Eiskante selbst einzubrechen es ist glatt und rutschig weil Wasser auf das instabile Eis fließt wenn sie sich dem Was serloch nähern Der unterkühlte Patient wird nicht mehr viel zu seiner Rettung beitragen können und darf nur wenig bewegt werden um nicht den Bergungstod zu riskieren Diese Umstände müssen in die Auswahl der geeigneten Schutz ausrüstung für Helfer einfließen Als Faustregel gilt Jede Ein satzkraft die auf dem Wasser oder auch nur an der Wasserkante eingesetzt wird trägt eine Rettungsweste Auf dem Eis selbst werden ohnehin nur so viele Helfer eingesetzt wie unbedingt erforderlich sind Zudem müssen die Helfer vor der Kälte ge schützt werden Dass der Retter mit dem kalten Wasser in Berüh rung kommt ist praktisch nicht zu vermeiden Dazu muss er nicht einmal unfreiwillig einbrechen Am Eisloch liegt oder kniet der Helfer schnell im kalten Wasser In manchen Fällen gehen Was serretter sogar gezielt ins Eisloch um zum Beispiel das Opfer auf dem Spineboard zu fixieren Es können Neoprenanzüge die sonst für die Strömungsrettung vorgehalten werden Trocken tauchanzüge der Einsatztaucher oder hochseetaugliche Über lebensanzüge die Wasser und Kälte stundenlang abhalten ge nutzt werden um die Helfer zu schützen Über diesen Mindeststand hinaus können natürlich weitere Mit tel genutzt werden So kommen etwa auf dem Steinhuder Meer dem Dümmer und dem Zwischenahner Meer Luftkissenboote zum Einsatz um Menschen aus dem Eis zu retten Nico Reiners FOLGEN DES EINBRUCHS Stürzt ein Mensch in kaltes Wasser droht der Kälteschock Der Be troffene hyperventiliert der Puls steigt und er ist unfähig die At mung anzuhalten sodass man schon in dieser Phase des Notfalls ertrinken kann In manchen Fällen kommt es zum sogenannten auto nomen Konflikt Der Schock erhöht den Puls aber der Tauchreflex der beim Eintauchen ins Wasser auftritt führt zur Verlangsamung des Herzschlages Bildlich gesprochen Es werden Gas und Bremse gleichzeitig betätigt und es kommt zum Herzversagen Übersteht man die ersten Minuten im Wasser droht das Schwimm versagen Die im Vergleich zur Luft hohe Wärmeleitfähigkeit des Wassers führt dazu dass der Körper schnell auskühlt Die Unterküh lung ist für sich genommen zunächst noch nicht lebensbedrohlich aber die Kraft der ausgekühlten Muskeln lässt nach die Koordina tion fällt schwer Wer sich in dieser Phase nicht irgendwo festhalten kann wird ertrinken Schließlich bedroht auch die Unterkühlung das Leben Schon bei einer Körpertemperatur von 33 Grad können Herzrhythmusstörun gen auftreten und das Bewusstsein trübt sich ein Bei etwa 28 Grad droht ein Kammerflimmern und bei 25 Grad der Herzstillstand Bei Unterkühlung soll die Rettung waagerecht erfolgen Fließt das kalte Blut der Extremitäten in den Rumpf droht der Bergetod Es gibt aber auch eine gute Nachricht Durch die Kälte lässt die Hirn aktivität nach und der Sauerstoffmangel schädigt das Gehirn erst deutlich später als unter normalen Bedingungen Bei einer Wassertemperatur unter sechs Grad ist eine erfolgreiche Reanima tion selbst nach bis zu 90 Minuten ohne Sauerstoff möglich Deshalb gilt der Grundsatz Niemand ist tot solange er nicht warm und tot ist Anne Schneider stellv Landesverbandsärztin Fo to s 2 S te ph D it ts ch ar Klare Signale die von allen verstanden werden sind bei der Eisrettung wichtig Daumen hoch bedeutet hier Alles klar ihr könnt jetzt ziehen n iedersachsen LR NDS 04 19 660511 indd 4 02 12 2019 09 03 23
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