10 I Zeitkolorit IG BCE 1901 1910 1901 1910 Es kämpft sich nicht schlecht für Wahrheit und Recht Ein neues Jahrhundert neue Zeiten Berlin wird Weltstadt Das Deutsche Reich hat sich zu einer mächtigen Industrienation entwickelt Nicht mächtig genug fi ndet der Kaiser Auch Wilhelm II will einen Platz an der Sonne und aus dem Kaiserreich eine eindrucksvolle Kolonialmacht machen So wird weiter aufgerüstet Gewerkschaf ten und SPD warnen eindringlich vor dem preußischen Militarismus und seinen möglichen Folgen Doch die Vaterlandsverräter werden von den Mächtigen nicht ernst genommen Der Kaiser wischt die Argumente vom Tisch Er empfi ehlt den Männern stattdessen die Pfl ege kriegerischer Tugenden und den Frauen stille Arbeit im Hause und der Familie Während Wilhelm II und Teile des Bürger tums in Weltmachtfantasien schwelgen verschlechtert sich die soziale Lage vieler Arbeiter drastisch Grundnahrungsmittel werden deutlich teurer die Entlohnung der Bergarbeiter fällt Mitte des Jahrzehnts unter das Niveau der Jahrhundertwende Weitere Gründe die den schlummernden Groll so Bergarbeiterführer Otto Hue in aktiven Protest verwandeln kommen hinzu Der Verlust von Arbeitsplätzen durch Zechenschließungen schlechte Gesund heitsbedingungen sowie das Nullen sprich Nicht Anrechnen vermeintlich unzu reichend gefüllter Hunte Förderwagen bringen das Fass zum Überlaufen Am 16 Januar 1905 beginnt der bislang größte Streik in der Bergarbeiterbewe gung 200 000 von 268 000 Bergleuten beteiligen sich daran Das Ruhrrevier steht still Der Vorwärts schreibt Ein Kampf ist auf dem Boden der schwarzen Erde in dem rheinisch westfälischen Kohlen revier entbrannt wie er im gleichen Umfang noch nicht auf deutschem Boden getobt hat Als gut zehn Tage später die preußische Regierung eine Änderung des Bergrechts ankündigt kommt das Ende des Streiks Das Ergebnis Das Preußische Abgeordnetenhaus beschließt Ende Mai die Einführung der Achteinhalbstun denschicht einschließlich der Ein und Ausfahrt schränkt Überschichten ein Zur Kontrolle der Beladung der Hunte sollen nun Vertrauensleute eingesetzt werden Im Laufe dieser Jahre können sich die freien Gewerkschaften weiter etablieren und haben jetzt mehr als eine Million Mitglieder Die wichtigste Aufgabe bleibt für ein ausreichendes Einkommen zu sor gen Grundsätzlich bringt ihr Engagement mehr Geld ins Portemonnaie So steigt in der chemischen Industrie das durchschnitt liche Jahreseinkommen von 814 Mark im Jahr 1890 auf 1 100 Mark zur Jahrhundert wende und auf 1 219 Mark im Jahr 1911 Knappes Gut Wohnungen Seit der Industrialisierung war die Lage auf dem Wohnungsmarkt äußerst problematisch In Berlin wechselte um die Jahrhundertwende die Hälfte aller Arbeiterwohnungen einmal im Jahr die Mieter In anderen Großstädten wurde ein Viertel der Wohnungen jeweils nur ein Jahr ein weiteres Viertel zwei bis fünf Jahre vermietet Meistens waren es Neubauten die noch feucht dafür aber billiger waren Im Ruhrgebiet nahmen Familien aus Kos tengründen Schlaf oder Kostgänger zur Untermiete auf Die nutzten das Bett wenn gerade andere Familienmitglieder auf Schicht waren Der Vorteil Die Vermieter bekamen etwas Geld der Schlafgänger eine billige Unter kunft Als Reaktion entstanden Wohnungsbaugenossenschaften oft auch auf Initiative der Arbeiterbewegung Sie sollten den Mangel bekämpfen So wurden zwischen 1909 und 1913 rund 120 000 Kleinwohnungen gebaut Auch nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte ernster Wohnraummangel Damals versuchten tatkräftige Betriebsräte weiterzuhelfen Noch heute ist die IG BCE durch ihre Beteiligung an Vivavest im Wohnungsbau aktiv Zurück geht das Engagement auf das Jahr 1920 Damals wurde die Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten im rheinisch westfälischen Steinkohlenbezirk GmbH in Essen gegründet Bild 09 Kinderarbeit in der Glasschmelzerei

Vorschau IG BCE // 125 Jahre gewerkschaftliche Erfolgsgeschichte Seite 10
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