1951 1960 Auf ins Wirtschaftswunder Das Kino der 50er nimmt es von der leichten Seite Der unterhaltsame Konflikt zwischen Don Camillo und seinem kommunistischen Widersacher Peppone Trotz aller Sticheleien und gemeinen Tricks finden sie letztendlich immer wieder zusammen Die Wirklichkeit sieht anders aus als im Leben von Don Camillo und Peppone Ins Gedächtnis eingegraben haben sich Ereignisse wie der Arbeiteraufstand vom 17 Juni 1953 in der DDR oder die Nieder schlagung des ungarischen Volksauf stands drei Jahre später Fast vergessen Die Auseinanderset zungen um Korea bringen Ost und West Anfang des Jahrzehnts an den Rand eines Atomkriegs Die Welt ist spürbar kleiner geworden Seit 1952 bringt das Fernsehen die Ereignisse in deutsche Wohnstuben Schönstes Erlebnis ob vor den wenigen Fernsehern oder an den Lautsprechern der Rundfunkempfänger der Gewinn der Fußballweltmeisterschaft das Wunder von Bern Toor Toor Die Bundesrepublik ist auf dem Weg das Wirtschaftswunderland zu werden Das Symbol der Epoche der VW Käfer von dem bereits 1955 das millionste Modell vom Band läuft Der Weg dahin ist aber alles andere als spannungsfrei Denn die sozialen Fortschritte fallen niemandem in den Schoß Sie müssen erstritten werden Dazu gehören heutzutage selbstverständ liche Regelungen wie Kündigungs oder Mutterschutz Ebenso keine Selbstver ständlichkeit Ab 1957 werden die Renten dynamisiert und der jährlichen Einkom mensentwicklung angepasst Ein grundle gender Fortschritt Zuvor gibt es heftige Auseinanderset zungen um die Mitbestimmung Weitrei chende Regelungen der Alliierten in der Nachkriegszeit will die Regierung Adenauer nun wieder zurückdrehen Nur in der Montanindustrie der eisenerzeugenden Industrie und im Bergbau gelingt es die paritätische Mitbestimmung in den Aufsichtsräten durchzusetzen Das glückt allerdings erst nachdem sich 90 Prozent der Beschäftigten bei einer Urabstimmung für Kampfmaßnahmen aussprechen Die Wirtschaft muss vom Mottengeist der Reaktion und des Dritten Reiches befreit werden fordert August Schmidt Vorsit zender der IG Bergbau Nur über die Mit bestimmung könne die Wirtschaft einen sozialen Charakter erhalten und müsse dem ganzen Volke dienen Ein Stahlma nager zeigt sich hartleibig und nennt die Montanmitbestimmung das Ergebnis ei ner brutalen Erpressung der Gewerkschaf ten Die Reaktion 800 000 Beschäftigte der Montanindustrie gehen auf die Straße Der Manager gibt klein bei und muss sich entschuldigen Auch die anderen Gewerkschaften allen voran die IG Chemie Papier Keramik setzen sich für die Übernahme dieses Modells in ihren Branchen ein Zeitgeist und vor allem politische Mehrheiten sind dagegen Das gut ein Jahr später 1952 verabschiedete Betriebsverfassungsgesetz mit deutlich begrenzten Einflussmöglich keiten findet dann weder die Zustim mung der Gewerkschaften noch der SPD Freizeit bekommt einen höheren Stel lenwert Denn dank gewerkschaftlicher Erfolge in Tarif und Urlaubsfragen kann es sich jetzt ein Drittel der Bevölkerung leisten in den Urlaub zu fahren 25 Jahre zuvor noch ein kaum bezahlbarer Luxus für die besseren Kreise Nun heißt es für gar nicht so wenige mit Käfer oder Isetta auf nach Rimini Im Bergbau unter seinen schwierigen Arbeitsbedingungen gelingt der erste Einbruch in den 8 Stunden Arbeitstag 1953 wird die 7 5 Stunden Schicht verein bart Der Bergmann Horst Roland beklagt sich 1958 dass sich so recht niemand der Härte der Arbeit unter Tage bewusst ist Er zieht einen ungewöhnlichen Vergleich heran Also man nimmt einen ganz ge wöhnlichen Tisch stellt ihn im völlig abge dunkelten Kohlenkeller auf und schüttet ihn von zwei oder drei Seiten mit Kohlen an Dann nimmt man die Kohlenschaufel und eine Taschenlampe und setzt sich damit unter den Tisch In dieser zweifellos Neue Zeiten andere Herausforderungen Von Anfang an bildete der Arbeitsschutz ein beherrschendes Thema im Bergbau wie auch der chemischen Industrie Zu oft gab es schreckliche Unfälle zu oft waren nicht nur in Zeiten der Industrialisierung einfachste Schutzmaßnahmen außer Acht gelassen worden Wurde jemand verletzt oder gar getötet stand der nächste Arbeitsuchende bereits vor dem Personalbüro Dem engagierten Einsatz von Betriebsräten und Gewerk schaften ist es zu verdanken dass Deutschland mittlerweile mit das höchste Sicher heitsniveau in Industrie und Gewerbe aufweist Ist damit alles erledigt Sicherlich nicht Die Weiterentwicklungen in Produktion und Verwaltung stellen neue Herausfor derungen Heute geht es im Kern darum die Voraussetzungen für Gute Arbeit zu schaf fen und zu sichern Denn die psychische Belastung am Arbeitsplatz wächst viele fühlen sich ausgepresst wie eine Zitrone So gilt es körperliche Belastungen zu vermindern psychische Stresssituationen abzustellen und die Arbeitszeiten so zu flexibilisieren dass sie auch den Bedürfnissen der Beschäftigten entsprechen 22 I Zeitkolorit IG BCE 1951 1960

Vorschau IG BCE // 125 Jahre gewerkschaftliche Erfolgsgeschichte Seite 22
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