Zeitkolorit IG BCE 1891 1900 I 9 Organisationen der Arbeiterbewegung seien es Gewerkschaften oder SPD steigen sprunghaft an Gibt es 1891 gerade einmal 270 000 Mitglieder in allen freien Gewerkschaften zusammen sind es am Vorabend des Ersten Welt kriegs im Sommer 1914 bereits 2 5 Millio nen Schon 1892 hat sich mit der General kommission der Gewerkschaften eine Art erste Dachorganisation gebildet Fabrikarbeiterverband und Alter Verband treffen sich 1890 erstmals reichsweit die einen in Hannover die anderen in Halle Während der Alte Verband auf eine lange handwerkliche Tradition im Bergbau zu rückblicken kann stößt der Fabrikarbeiter verband in eine Lücke Er wendet sich in seinen ersten Jahren gezielt an die Gruppe der Hilfsarbeiter Die Gewerkschaften sind damals Facharbeiter und Handwerker Organisationen die Un und Angelernten bleiben außen vor Doch in den neuen Branchen wie der Chemieindustrie arbei ten 80 Prozent der Beschäftigten ohne Berufsausbildung Eine andere Gruppe um die sich so recht niemand kümmert bilden die rund 5 5 Millionen berufstätigen Frauen Sie leisten oftmals Schwerstarbeit haben keine Arbeitszeitbegrenzung und be kommen nur 50 bis 65 Prozent des Lohnes ihrer männlichen Kollegen Auch hier geht der Fabrikarbeiterverband als erste deutsche Gewerkschaft in die Offensive Auf dem Verbandstag im August 1892 in Braunschweig ergänzt er bewusst seinen Namen und nennt sich fortan Verband der Fabrik Land und gewerblichen Hilfs arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands Zeitgleich zeichnen sich erste Erfolge ab die ohne den Druck von unten nicht zustande gekommen wären Ein Gesetz regelt seit 1891 die Sonntagsruhe die Höchstarbeitszeit wird für Jugendliche auf zehn und für Frauen auf elf Stunden am Tag festgelegt Nachtarbeit wird für beide Gruppen verboten Kinderarbeit unter 13 Jahren untersagt Aus heutiger Sicht Trippelschritte auf dem Weg zum sozi alen Fortschritt damals sicherlich eine bedeutsame Regelung nicht zuletzt als Reaktion auf die hartnäckigen Forderun gen der Arbeiterbewegung Trotzdem werden die Regelungen ständig unter laufen Otto Hue prominenter Berg bau Gewerkschafter kritisiert zu Recht Die Bergbehörden erwiesen sich dabei überall als Verteidiger des herrschenden Betriebs und Lohnsystems Der Kaiser fürchtet den wachsenden Einfl uss der Arbeiterbewegung 1890 ist die SPD erstmals stärkste Partei im Reichstag wenn auch ohne unmittel baren Einfl uss Seine Regierung weigert sich überhaupt mit den Vertretern der Arbeiterbewegung zu sprechen Wilhelm II schreibt zwar nachdenklich Fast alle Re volutionen lassen sich darauf zurückfüh ren dass rechtzeitige Reformen versäumt worden sind Doch diese Einsicht hält nicht lange vor Schon kurze Zeit später warnt der Monarch vor den Parteien des Umsturzes und ruft zum Kampf für Religion Sitte und Ordnung auf Was darunter zu verstehen ist zeigt sich 1898 Wilhelm II fordert all diejenigen mit Zuchthaus zu bestrafen die Arbeits willige sprich Streikbrecher an der Arbeit hindern würden Das geht selbst dem mehrheitlich nicht gerade fort schrittlich eingestellten Reichstag zu weit Heftige Proteste und Kundgebungen führen 1899 dazu dass das geplante Antistreikgesetz im Parlament abgelehnt wird Ein glatter Punktsieg für die Arbei terbewegung Dauerbrenner Arbeitszeit In den 70er Jahren des 19 Jahrhunderts ist die 80 bis 90 Stunden Woche die Regel sprich ein Arbeitstag hat bis zu 15 Stunden 1881 legt ein Gesetz die tägliche Höchstarbeitszeit für Jugendliche auf 10 für Frauen auf 11 Stunden fest Nach einem Streik verringert das Preußische Abgeordnetenhaus 1905 die Arbeitszeit für Bergleute auf 8 5 Stunden einschließlich Ein und Aus fahrt in anderen Branchen gilt erst ab 1908 der 10 Stunden Tag als Norm Die Wochenarbeitszeit hat sich im Durchschnitt auf 55 Stunden verringert 1927 tritt das Arbeitszeitnotgesetz in Kraft Ein 8 Stunden Tag bei einer 6 tägigen Arbeitswoche wird festgeschrieben um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen Mitte der 50er Jahre startet der DGB die Kampagne Samstags gehört Vati mir zur Einführung der 40 Stunden Woche In den 70ern beginnt eine Debatte um die 35 Stunden Woche Die IG BCE setzt vor allem wie beim Erfolgsmodell Altersteilzeit auf die Verkürzung der Lebensarbeitszeit Bild 07 Frauenarbeit gestern Bild 08 und heute

Vorschau IG BCE // 125 Jahre gewerkschaftliche Erfolgsgeschichte Seite 9
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